Zeitarbeit ist moderne Sklaverei ?
Den Satz haben wir wohl alle schon einmal gehört: „Zeitarbeit ist moderne Sklaverei“.
Ich möchte heute erklären, wieso ich diesen Satz für gefährlich und inkorrekt halte
und wieso man ihn besser nicht einfach kopflos nachplappern sollte.
Schauen wir uns dafür im ersten Schritt einmal die Definition des Wortes Sklaverei an.
Das Wort stammt aus dem mittellateinischen s(c)lavus und bedeutet „Unfreier, Leibeigener“.
„Ein Sklave ist eine Person, die in völliger wirtschaftlicher und rechtlicher Abhängigkeit von
einem anderen Menschen als dessen Eigentum lebt.“ (Quelle: https://www.duden.de/rechtschreibung/Sklave)
Selbst wenn wir nun also ein „moderne“ vor das Wort Sklaverei setzten, bleiben hier starke und bedeutsame Unterschiede zum heutigen Model der Zeitarbeit. Niemand ist dauerhaft an einen Personaldienstleister gebunden.
Jeder Zeitarbeitnehmer hat jederzeit die Möglichkeit, fristgerecht zu kündigen. Auch seine Rechte tritt keine Person,
die in der Zeitarbeit angestellt ist, jemals ab. Zudem steckt hinter dem Wort Sklaverei eine Geschichte voller Gewalt, Enteignung, Unterdrückung und Diskriminierung. Keiner dieser Aspekte wird sich auch nur ansatzweise in der Zeitarbeit wiederfinden.
Was passiert nun also, wenn wir am Stammtisch sitzen und völlig unbedacht
Zeitarbeit mit Sklaverei gleichstellen?
Etwas, das meiner Meinung nach sehr gefährlich ist; wir verharmlosen das Wort und die Geschichte der Sklaverei.
Man kann und darf Zeitarbeit kritisieren. Man sollte sich jedoch überlegen wie man dies tut und im besten Falle,
macht man sich selbst mal ein Bild. Wieso nicht mal einen Job über einen Personaldienstleister suchen und schauen, wie die Gegebenheiten vor Ort tatsächlich sind? Oder sich mal mit ein paar Leuten unterhalten,
die in der Zeitarbeit arbeiten?
Tatsächlich ist die Zeitarbeitsbranche in Deutschland seit Jahren sehr stark vom Tarifrecht geregelt.
Löhne, die weit über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen, Branchenzuschläge, Nachtschichtzuschläge,
bezahlte Überstunden, unbefristete Arbeitsverträge, kostenlose Arbeitskleidung und Weiterbildungsangebote…
Von „Ausbeutung“ kann wirklich nicht die Rede sein.
Also noch einmal der Appell: Macht Euch ein eigenes, umfangreiches Bild von der Zeitarbeitsbranche,
kritisiert, was es zu kritisieren gibt, aber verzichtet doch bitte auf Vergleiche,
die das große Leid vieler Millionen Menschen verharmlost.